Tour 26 (Assmannshausen-Niederwalddenkmal): Korrektur & Änderung

Seit der letzten Begehung von Tour 26 ist der Rheinsteig als neuer Premium-Wanderweg eingerichtet worden, der dem Wunsch der Wanderer nach verschwiegeneren, möglichst naturbelassenen Pfaden Rechnung trägt. Das hat bei dieser Tour keine gravierenden Auswirkungen, da der Rheinsteig ab Assmannshausen zunächst einfach der in diesem Wanderführer vorgestellten Route folgt…

Korrektur
Kurz nach der Stelle aber, wo Tour 26 von diesem Streckenwanderweg abbiegt, um sich zur Rundwanderung zu biegen, hat sich in der neuesten Auflage (2008) durch ein übermotiviertes Lektorat ein Fehler engeschlichen. Ohne Rücksprache mit dem Autor wurde S. 122f dreimal das korrekte „Rheinhöhenweg“ durch „Rheinsteig“ ersetzt, wodurch Mißverständnisse entstehen könnten, auch wenn die Lage vor Ort eigentlich eindeutig ist:

S. 122 letzte Zeile muß es heißen: „… (Markierung jetzt ‚R‘ des Rheinhöhenweges).“

S. 123, 2. Absatz: „Wir gehen zurück zum Rheinhöhenweg“ usw.; und einige Zeilen später: „Wir wandern bis kurz vor das Ende der Wiese und biegen dort dann vom Rheinhöhenweg rechts in den Wald ab“.

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Wegführung über das Niederwalddenkmal
Nachdem man vom Kloster St. Hildegard kommend die von Rüdesheim heraufkommende Straße überquert hat, führt die im Buch beschriebene Route unterhalb des Niederwalddenkmals auf dem Riesling-Pfad nach Assmannshausen zurück. Ich habe mich belehren lassen, daß meine Aversion gegen die täglichen Menschenaufläufe an diesem Nationaldenkmal nicht das Maß aller Dinge ist und werde in der nächsten Auflage dem Rheinsteig folgend die Route direkt an diesem pompösen Bauwerk vorbei führen.

Wer schon heute so wandern will, kann dies wie folgt tun:
Nach dem Überqueren genannter Straße geht es an einem Haus vorbei und dann ein Stück bergab. Wenn von links eine Platanenreihe den „Brahmsweg“ begleitend heraufzieht, zweigt der mit einem geschwungenen R auf blauem Grund markierte Rheinsteig (hier schlecht markiert) als zweiter Weg eines Doppelabzweigs rechts vom asphaltierten Weg ab und führt mehr oder weniger eindeutig zum Niederwalddenkmal hinauf.

Der Rückweg zum Rieslingpfad führt von der unteren Terasse noch ein kurzes Stück in den Wald. Dort zweigt dann ein Weg links Richtung Ruheplatz Binger Blick ab. Von dort führt dann ein Weg nach rechts am Waldrand entlang zum Rieslingpfad hinab. Mit prächtigen Ausblicken ins Rheintal geht es nun zurück nach Assmannshausen.

Fotos: Stefan Etzel | Album der Tour

28 – Riesling & Sauerborn

Vater Rhein ein Weilchen von hoher Warte aus betrachten – Burgen, Schiffe, Felsen, Wein – und dann ins Hinterland abtauchen, wo dann auch am Wege Burgen auftauchen – diese Wanderung sollte man sich für formidables Fotografierwetter vormerken, Frühaufsteher finden wohl das beste Licht…

Keine Einkehrmöglichkeit unterwegs. Detaillierte Wegbeschreibung, Karte, Höhenprofil und Hintergrundinfos im Buch . – Damit müssen Wanderer zunehmend rechnen: Gab es noch vor wenigen Jahren zwei Einkehrmöglichkeiten auf dieser Tour, so ist heute dem ländlichen Kneipensterben Tribut zu zollen. Es gibt aber genügen Rastpunkte, um die mitgeführte Jause gemütlich zu genießen.

Foto: Günter Bornholdt

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Freistaat Flaschenhals

Eine recht kuriose Bedeutung erlangte Lorch anfangs der 1920er Jahre als „Hauptstadt“ des „Freistaates Flaschenhals“ , einem Ergebnis des Versailler Vertrages. Auf dem hiesigen Rheinufer hatten Amerikaner und Franzosen je eine Besatzungszone gebildet, zwischen denen eine Lücke blieb. Dieser schmale, rheinseitig bis hinter Kaub reichende Schlauch zog sich einige Kilometer in den Taunus hinein, ließ die rund 8.000 Einwohner während ihrer vierjährigen Unabhängigkeit rasch eine eigene Identität als gewiefte Schmuggler und sonstige Lebenskünstler entwickeln, bevor sie dann 1923 doch als Bürger der Weimarer Republik in der Normalzeit ankamen. Unsere gesamte heutige Wanderung führt durch das Gebiet des damaligen Freistaates.

26 – Von Assmannshausen zum Niederwalddenkmal

Die Wacht am Wein bei Rüdesheim

Vom rotweinseligen Assmanshausen geht es beschwingt durch die Weinberge hinauf auf die bewaldeten Rheintaunushöhen, von denen wir dann im großen Bogen wieder zu Vater Rhein zurückkehren – und unterwegs zweier höchst unterschiedlicher Frauengestalten gedenken, deren Namen mit dieser Landschaft untrennbar verbunden ist – Germania und Hildegard.

2 Einkehrmöglichkeiten unterwegs. Detaillierte Wegbeschreibung, Karte, Höhenprofil und Hintergrundinfos im Buch.

Album der Tour | kleine Änderung der Route & Korrektur des Buchtextes

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Niederwald-Denkmal

Im September 1883 weihte Kaiser Wilhelm I. dieses pompöse Nationaldenkmal ein, das an den Sieg über Frankreich im Krieg von 1870/71 und die danach erfolgte Reichgründung erinnern sollte. Auf dem Sockelrelief sind die Hauptbeteiligten dargestellt: Der Kaiser hoch zu Roß, daneben Bismarck, der Motor der Neugründung des deutschen Reiches sowie die Fürsten der unter Preußens Führung vereinigten Teilstaaten. Darunter prangen die heroischen Verse der „Wacht am Rhein“ mit der bekannten Zeile: „Lieb Vaterland magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am Rhein“.

Beunruhigt hatte das Denkmal nach dem Zweiten Weltkrieg natürlich die französischen Besatzer auf der anderen Rheinseite. „Der Germane“ recke drohend „seine erhobene Faust gen Frankreich“, beklagten sie sich bei ihren US-Kollegen und forderten den Abriß des Denkmals. Die schauten sich die Sache genauer an und kamen zu dem Schluß: Erstens handele es sich um eine Dame, wogegen die Franzosen ja wohl nichts einzuwenden haben dürften, zweitens halte sie das Schwert gesenkt, und drittens blicke sie nicht gen Paris, sondern nach Süden, mehr auf Mainz zu. Im Übrigen habe sie einen Friedensengel zur Seite. Die Germania durfte stehenbleiben – sehr zur Freude der Legionen amerikanischer Touristen, die bald an den Rhein strömten…

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Abtei St. Hildegard

Der etwas düster wirkende Klosterkomplex wurde in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts erbaut und knüpft an eine der Lichtgestalten des „finsteren“ Mittelalters an, die hl. Hildegard von Bingen (1098-1179), die in dieser Landschaft beiderseits des Rheins vor 850 Jahren wirkte: 1165 hatte sie im etwas unterhalb gelegenen Dorf Eibingen eine Filiale ihres Klosters Rupertsberg (Bingen) gegründet, von wo auch – fast 500 Jahre später – während der Wirren des 30jährigen Krieges ihre Gebeine in die Eibinger Pfarrkirche überführt wurden, wo die Reliquien der – nie offiziell heilig gesprochenen! – Heiligen bis heute verehrt werden.

Die Abteikirche ist ein förmliches Sinnbild für die Innerlichkeit des religiösen Erlebens. Ähnlich, wie die hl. Hildegard sich nach Außen nichts von ihren Visionen anmerken ließ, gibt das im Stil einer romanischen Basilika erbaute Gotteshaus sein Geheimnis erst preis, wenn man den Innenraum betritt. Dann zieht den Besucher eine geheimnisvolle Bildwelt in ihren Bann, deren Bezugspunkt der monumentale „Christos Pantokrator“ in der Apsiskuppel ist. Der dem byzantinischen Motivkanon nachempfundene „Allherrscher“ breitet hier einladend die Arme aus und seinem milden Blick vermag sich niemand im Raum zu entziehen, ein Effekt der Kuppelwölbung.

Entziehen kann man sich auch nicht der friedvollen Seelenstimmung, die von der gedämpften Farbigkeit der Raumausmalung ausgeht und die sich noch vertieft beim Betrachten der eigentümlichen Wandgemälde: Szenen aus Altem und Neuem Testament, aus dem Leben der Hl. Hildegard, bedeutende Heilige des Benediktinerordens – alle Gestalten atmen tiefe Ruhe und Frieden, wirken der Welt weit entrückt, alles Bewegte scheint zum Stillstand gekommen, alle Individualität im Überpersönlichen aufgegangen. Diese streng stilisierende Bildgestaltung im Dienste frommer Betrachtung ist ein Wesensmerkmal der „Beuroner Kunstschule“ , aus deren Schaffen die Abtei St. Hildegard als eine der gelungensten Gesamtkompositionen hervorging.

Von der benediktinischen Erzabtei Beuron im oberen Donautal ging im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine Erneuerungsbewegung sakraler Kunst aus, deren Ziel es war, sowohl dem Realismus wie dem „l´art pour l´art“-Prinzip der weltlichen Kunst eine „l´art pour Dieu“ entgegenzusetzen, eine „Kunst um Gottes willen“, die sich zugleich vom zeitgenössischen Herz-Jesulein-Kitsch dadurch abheben sollte, daß ihre Bildwelt mehr das Gedanken- als das Gefühlsleben ansprach. Pater Desiderius Lenz (1832-1928), der Begründer der Beuroner Schule, leitete seine Kunst insbesondere von ägyptischen Vorbildern mit ihrer streng reglementierten Formensprache ab.

Geht man vor zum Altarraum und hebt den Blick zur Chorkuppel hinauf, so erkennt man in der Ornamentik noch einen weiteren, diesmal modernen Einfluß auf die Beuroner Kunstschule, den Jugendstil, dem ja auch die typisierende Darstellung eigentümlich war und in dessen Nähe sich die Beuroner Schule einordnen läßt.

Die Innenausmalung der Abteikirche (1907-1913) war das Hauptwerk des Lenz-Schülers Pater Paulus Krebs, dem es mit den Mitteln seiner „Heiligen Kunst“ gelang, eine zur „Andacht“ einladende Atmosphäre zu schaffen in bewußtem Gegensatz zu zeitgenössischen Kunstströmungen wie dem aufkommenden Expressionismus.